Im Audit, einem Bereich, der nicht nur in der EU-Förderpolitik eine erhebliche Rolle spielt, werden vom Einsatz künstlich intelligenter Systeme tief greifende Veränderungen erwartet.

Mein Befund für das Auditing Ende 2019: Maschine Learning (ML) & Co. befanden sich im vergangenen Jahr noch in der Phase des Erforschens und Testens. Große, private Wirtschaftsprüfer schritten voran, sammelten erfolgreich konkrete Erfahrungen. Diese Entwicklung setzt sich nun fort. Kleinere Einheiten und Start-ups satteln allerdings bereits teilweise erfolgreich auf neue Anwendungsgebiete um. Die bereits 2019 geführte Diskussion über Standards und Normen im Auditing behält ihr Niveau bei. Und auch der Hochschul- und Forschungsbereich vertieft 2020 das Engagement.

Welche Anwendungsgebiete der KI lassen sich identifizieren?

Hier sind weiterhin die bereits 2019 beschriebenen Anwendungsfälle für KI im Audit (NLP – Natural Language Processing und Prüfungen in der flächenbezogenen Förderung) zu nennen. Die Steigerung der operativen Prüfungsleistung durch Einsatz von Process Mining wird mittlerweile nicht mehr ernsthaft hinterfragt. 2020 satteln Forschung, Hochschulen und vor allem jüngere Unternehmen aber auch zunehmend auf neue Anwendungsbereiche um. „Remote Auditing“, teils KI-gestützt und in der Cloud, wird deutlich sichtbar. Arbeiten aus dem Homeoffice ist 2020 nirgendwo wegzudenken. Als Beispiele für aktuelle Forschungsprojekte sei zudem der „Background“-Check des Konsortialprojektes „ExamAI“ genannt, welches seit Mai 2020 aktiv operiert.

Im Feld des Fördermittelmanagements hat sich an meinen Feststellungen aus 2019 dagegen nicht viel geändert. Insbesondere neuere Entwicklungen bei den EU-Interventionen nehmen erst Ende 2020 deutlich an Fahrt auf. Die Verhandlungen über die Agrarpolitik zeigen Fortschritte und damit bspw. auch die Frage nach dem Flächenaudit. Im Umfeld der Dokumentenprüfung dürften sich Anknüpfungspunkte an „GAIA-X“ als lohnenswert erweisen, auch um die für das Training der KI-Modelle aus der Verwaltungspraxis benötigten großen Datenmengen in den Griff zu bekommen.

Welche Anforderungen bestehen und wie wird das Prüfgeschehen in einigen Jahren aussehen?

Bemerkenswert ist, dass 2020 ein Prozess an Bedeutung gewinnt, der die bislang sehr fokussierte, technologische und deshalb oft auch kleinteilige Betrachtung von KI/ML im Audit auf ein neues Level heben könnte. Es wird nämlich zunehmend gefordert, KI in größere Zusammenhänge einzuordnen. Die „State of the Art Data-Analytics-Lösung“ muss sich in den Anwendungsbereich und die tägliche Arbeit einordnen (lassen). Beispielhaft seien Jahresabschlussprüfungen genannt, ein Arbeitsbereich, der seit Längerem KI erfolgreich im Audit einsetzt. Dort wird zunehmend auf einen optimalen „Digital Fit“ abgestellt, d.h., eine intelligente Verzahnung der Workflows zwischen Mandant und Wirtschaftsprüfer.

Die Zukunft des Audits – revisited

Die Hypothese, dass „Arbeit nicht weniger, sondern anders sein wird“, bestätigt sich für den hier betrachteten Themenbereich auch im Jahr 2020. KI und ML übernehmen weiterhin zunehmend die bislang oftmals manuellen Tätigkeiten im Feld der Datengenerierung und -strukturierung. Der Aspekt, dass KI jedes verfügbare Datum prüft, Muster und schließlich Cluster mit höherem Fehlerrisiko identifiziert, bewahrheitet sich ebenfalls zunehmend. Die Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen ist somit automatisiert möglich. Die technologische Entwicklung scheint zudem so weit gediehen, dass sich Fragestellung verstärkt auf den optimalen Einsatz verschieben. Es wird nicht mehr gefragt „ob“ KI zum Einsatz kommt, sondern: „Wie wird die Technologie optimal in bestehende Prozesse und Produkte integriert“? Und am Horizont zeigt sich bereits 2020 der Silberstreif einer bewertenden KI im Audit.

Bild: Shutterstock

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