E-Government in Deutschland – wie digital ist die Bundesrepublik?

Die Spatzen pfeifen es seit Jahren von den Dächern: Der Ausbau der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung hat großes Potenzial. Das zeigt sich besonders im internationalen Vergleich.

Auf EU-Ebene wird die Digitalisierung öffentlicher Verwaltungsbereiche über die EU-Strukturfondsförderung seit etwa 2010 – weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit – massiv in die Mitgliedsstaaten getragen. Interessant ist, dass zentrale Empfehlungen der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) und des Normenkontrollrats zur Einführung eines medienbruchfreien Verwaltungssystems (E-Cohesion) in Deutschland bereits erfüllt werden.

E-Government und E-Cohesion haben nicht nur das E gemeinsam

Die Einführung eines wirksamen E-Governments in Deutschland verspricht nennenswerte Effizienz- und Wohlfahrtsgewinne – zu diesem Ergebnis kommen sowohl der EFI-Bericht 2016 als auch der Bericht des Normenkontrollrats 2015. Gleichwohl werden die in diesem Zusammenhang definierten politischen Ziele regelmäßig nicht erreicht – ein angesichts einiger struktureller Risiken und der Heterogenität der einzubindenden Stakeholder nur wenig überraschendes Ergebnis. Auf ähnliche Herausforderungen stößt die Umsetzung der sogenannten E-Cohesion in allen 28 EU-Mitgliedsstaaten, ganz besonders aber im föderalen Deutschland.

In dieser dreiteiligen Artikelserie sollen E-Government und E-Cohesion in Deutschland gegeneinander gehalten werden. Als Schnittmenge dienen dabei die inhaltlichen Überschneidungen zwischen der Handlungsempfehlung für das E-Government auf der einen und der Ausgangssituation für die E-Cohesion auf der anderen Seite. Auf dieser Basis lassen sich Hinweise geben, um die durch die EFI-Kommission und den Normenkontrollrat gegebenen Handlungsempfehlungen zu ergänzen, zu erweitern und teilweise auch zu konkretisieren.

Blogserie

E-Government in Deutschland

„Ein E-Government ist in Deutschland nicht existent“

(Normenkontrollrat)

„Im Bereich des E-Government besteht weiterhin großes Potenzial“

(EFI-Bericht)

Wie auch immer man es ausdrückt: In Deutschland bestehen zwar diverse Insellösungen (z.B. ELSTER), eine landesweit einheitliche, nutzerfreundliche, medienbruchfreie und den Anforderungen der Verwaltung genügende E-Government-Lösung ist allerdings nicht in Sicht.

Die Ursachen für die ausbleibenden Erfolge sind vielfältig. Als größte Herausforderungen nennen die EFI-Kommission und der Normenkontrollrat jedoch:

  1. die föderalen Strukturen mit ihrer Vielzahl an Stakeholdern und verteilten Zuständigkeiten
  2. das geltende Prinzip der Freiwilligkeit mit seinen fehlenden (finanziellen) Anreizen
  3. die fehlende Einheitlichkeit, Nutzerfreundlichkeit und Kommunikationsfähigkeit bestehender Systeme als Voraussetzung zur Realisierung von Effizienzgewinnen
  4.  die Vielzahl an zu bewältigenden komplexen Verwaltungsleistungen

Die beiden oben erwähnten Berichte kommen aufgrund dieser Kernproblemlagen zu recht ähnlichen Ergebnissen und Empfehlungen. Finanzrestriktionen gibt es ihnen zufolge nicht. Als wichtigste Voraussetzungen werden eine gute Governance und zentral auf Bundesebene agierende Institutionen bei gleichzeitigem Ausbau der Kooperation zwischen Bund und Ländern genannt. Die Empfehlungen beider Berichte lassen sich in drei Gruppen zusammenfassen:

1. Verbindlichkeit

Die Aktivitäten des Bundes im Bereich E-Government sollen einhergehend mit der Forderung nach „politischem Willen“ verstärkt werden; verpflichtende Meilensteine, eine einheitliche Schnittstelle sowie konkrete Rahmenbedingungen sollen etabliert werden.

2. Organisation

Es gilt, eine zentrale Koordinierungsstelle im Bundeskanzleramt zu etablieren, wobei die bestehenden Strukturen (insbesondere der IT-Planungsrat) beibehalten, gestärkt und ausgebaut werden sollen. Gleichzeitig soll die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen vertieft und verbessert werden.

3. Leistungsfähigkeit & Finanzierung

Es sollen möglichst einheitliche und nutzerfreundliche Lösungen entwickelt werden, wobei das Effizienz-Optimum in einem „One-Stop-Shop-Verfahren“ gesehen wird. Die Finanzierung erfolgt durch den Bund bzw. die Länder, die Kommunen verpflichten sich im Gegenzug zur Zusammenarbeit und profitieren nach der Einführung der entwickelten Lösungen finanziell am meisten.

Bei Antworten auf die Frage, wie diese Empfehlungen organisatorisch umzusetzen sind, werden sowohl Gesetzesinitiativen als auch (negative) finanzielle Anreize thematisiert. Eine initiale Abbildung aller Verwaltungsprozesse in das empfohlene zentrale E-Government-Portal wird aus nachvollziehbaren Gründen nicht angeraten. Offen bleibt leider, welche Verwaltungsbereiche hier integriert werden könnten und beispielsweise, wie die vorgeschlagene Koordinierungsstelle im Bundeskanzleramt zusammengesetzt sein sollte, welche Funktionen dort vertreten wären und worin genau ihr Arbeitsauftrag bestehen sollte.

Im nächsten Teil meiner Artikelserie werde ich einen genaueren Blick auf die E-Cohesion werfen und in diesem Zuge beleuchten, inwiefern zentrale Verwaltungssysteme die Anforderungen an das E-Government in Deutschland erfüllen können.


Bildquelle: Shutterstock

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